
07 Mai Digitales Recruiting – Tipps und Tücken
Viele Unternehmen sind im Zuge der Corona-Krise dazu übergegangen, potenzielle Mitarbeiter in digitalen Bewerbungsgesprächen per Videokonferenz zu interviewen. Neben der aktuellen Situation, welche diese Entwicklung erheblich beschleunigt hat, führt außerdem das Konzept von „New Work“ mit der zunehmenden Flexibilisierung und Digitalisierung der Arbeitsgestaltung dazu, dass Remote-Recruiting eine immer größer werdende Bedeutung einnimmt. Schließlich ermöglicht es ein schnelles Kennenlernen auch über große Distanzen hinweg, welches auf der unternehmerischen Seite vor allem mit geringerem Zeitaufwand und Kostenersparnissen punktet. Viele Bewerber fühlen sich im Komfort Ihrer eigenen Umgebung außerdem wohler und selbstsicherer. Doch der digitale Bewerbungsprozess hat ebenfalls eine Kehrseite, die insbesondere auf der Seite der Bewerber zum Tragen kommt. Im persönlichen Gespräch können sich Bewerber durch die Anwendung bestimmter Techniken einen positiven Eindruck bei ihrem Gegenüber verschaffen. Dazu gehören beispielsweise die gezielte kommunikative Herausarbeitung eigener Stärken bei gleichzeitiger Abschwächung der eigenen Entwicklungsfelder ebenso wie nonverbales Verhalten (Mimik, Gestik, Körpersprache). Insbesondere das nonverbale Kommunikationsverhalten lässt sich digital weniger gut vermitteln als im persönlichen Gespräch, wodurch die Bewertung negativer ausfallen kann. Genau diese Problematik der Bewertungsdiskrepanz zwischen digitalen und persönlichen Gesprächen hat die Universität Ulm in einer Studie untersucht. Die Forscherinnen und Forscher führten insgesamt 114 Bewerbungsgespräche, eine Hälfte erfolgte persönlich und die andere Hälfte digital. Alle Gespräche wurden zum Zwecke der Auswertung aufgezeichnet. Das Studienergebnis zeigte, dass diejenigen Bewerber, welche ein digitales Gespräch hatten, schlechter bewertet wurden als ihre Mitbewerber im persönlichen Gespräch. Außerdem wurden identische Antworten im digitalen Gespräch von den Interviewern kritischer bewertet. Die Teilnehmenden sagten zudem aus, dass Blickkontakt und soziale Präsenz digital weniger wahrgenommen werden konnte.
Zusammengefasst ergeben sie sowohl auf der Bewerber- als auch auf der Personalerseite Nachteile im digitalen Gespräch. Die Bewerber können ihre persönliche Leistung weniger gut darstellen als im persönlichen Austausch, während die Personaler kritischere Bewertungen abgeben. Durch die Beachtung einiger Punkte lassen sich diese negativen Effekte allerdings ein wenig abmildern.
Tipps für erfolgreiche digitale Gespräche:
- Für Personaler gilt eine Vereinheitlichung des Auswahlprozesses. Das bedeutet, dass pro Auswahlrunde (pro Stelle, welche es zu besetzen gilt) nur eine Interviewmethode eingesetzt werden sollte, also ausschließlich online oder ausschließlich persönliche Gespräche, um die Verzerrungen in der Bewertung zu umgehen.
- Für Bewerber ist das Halten des Blickkontakts ein wichtiger Punkt. Häufig schauen wir in digitalen Meetings auf den Bildschirm, um unser Gegenüber zu sehen, was allerdings dazu führt, dass wir an ihm vorbeischauen. Um einen Blickkontakt wie im realen Leben zu erzeugen, sollte der Fokus deshalb mehr auf die eigene Kamera gerichtet werden. Gleichzeitig sollte eine aufrechte Körperhaltung mit ausreichendem Abstand zur Kamera eingenommen werden.
- Für beide Seiten gilt die Verwendung von deutlicher, langsamer Sprache, um zu vermeiden, dass man sich missversteht oder dass man sich durch Verzögerungen in der Tonübertragung gegenseitig ins Wort fällt.
Auch wenn die digitale Bewerberauswahl einige Probleme mit sich bringt, ist es dennoch eine sehr gute sowie dem Zeitgeist von New Work entsprechende Methode, um zeitsparend, flexibel und ortsunabhängig neues Personal zu rekrutieren.
Quellen:
https://www.wirtschaftspsychologie-aktuell.de/magazin/digitale-bewerbungsgespraeche-professioell-meistern/147/ Zugriff am 06.05.2021
https://www.tandemploy.com/de/blog/buzzword-oder-chance-new-work-in-unternehmen/ Zugriff am 06.05.2021